2 Jahre stand die Kölnmesse im August still, doch dieses Jahr konnten tausende Videospiel-Freunde wieder die Gamescom besuchen! Auch wir waren natürlich wieder vor Ort und wollen euch berichten, was besonders im Hinblick zu Sonic so los war.
Disclaimer: Dieser Artikel spiegelt zu einem großen Teil die persönlichen Ansichten / Erfahrungen des Autors wider.
Ich liebe die Gamescom. Aber ich hasse die Gamescom. Das hört man aus dem Munde von vielen, wenn die Messe läuft, dennoch wird immer ein etwas trauriger, nostalgischer Blick zurück auf die Messe geworfen. Dieses Jahr vielleicht noch stärker als sonst, denn die Messe hat sich – mit oder wegen Corona – verändert. Die Ursachen dafür sind sicher vielseitig, aber ganz ehrlich? Es ist gut so.
Doch bevor ich über die Messe im Allgemeinen spreche, bekommt ihr noch das, weshalb ihr hier seid: Sonic-Content! Denn ja, auch der blaue Igel war auf der Messe vertreten (buchstäblich!) und schien sich pudelwohl dort zu fühlen, wo normalerweise jedes Jahr Nintendo den hauseigenen Stand aufgebaut hat. Eine der großen Überraschungen für mich war in diesem Jahr, dass SEGA nicht nur als „Anhang“ von Plaion (ehemals Koch Media) die neuesten Spiele vorstellte, sondern mit einem eigenen (riesigen) Stand zugegen war! Neben Sonic Origins (Nintendo Switch) und Sonic Frontiers (PC) brachte der Publisher unter anderem Company of Heroes 3 oder Two Point Campus mit. Sonic Frontiers (hier geht’s zu unserem ausführlichen Hands-On Preview) war immer mit längerer Anstehzeit verbunden (teilweise bis zu 5h). Geheimtipp Tik Tok: Zwar durfte man hier nur 10 Minuten spielen (im Regelfall), aber die Schlangen waren zu jeder Zeit deutlich kürzer.
Am SEGA-Stand gab es weiterhin ausgestelltes Sonic-Merchandise aus dem SEGA-Shop und sogar einen Fotoplatz. Mit dabei eine Kamera mit Fotodrucker, sodass man sich direkt ein Andenken mit nach Hause nehmen konnte – Das gab es häufiger auf der Gamescom. Stündlich war aber auch ein ganz besonderer Gast dort: Sonic persönlich! Fans konnten gemeinsam mit ihm ein Foto aufnehmen lassen.
Eine Premiere gab es am Freitag am Tik Tok Stand. Takashi Iizuka, Leiter von Sonic Team war höchstpersönlich vor Ort (Das Interview gibt es hier zum nachlesen) und war für eine halbe Stunde im Rahmen eines Meet & Greets am Stand. Sonic-Fans konnten hier etwas von ihm signieren lassen und ein Foto aufnehmen. Sonic selbst war für diese Möglichkeit ebenfalls dort.
Üblicherweise ist Halle 10 die Merchandise-Halle. Über 2 Stockwerke gab es dutzende Stände mit Merchandise aus aller Welt. Auch für Sonic gab es ein paar nette Dinge zu ergattern. Ein paar (teils bereits längst vergriffene) Funko Pop-Figuren waren dort, Plüschtiere verschiedener Größen soweit das Auge reicht, Shirts, Kleinkrams wie Schlüsselanhänger & Co. und auch die allseits beliebten Mystery Bags / Mystery Boxen, in denen eine bestimmte Anzahl von Produkten enthalten ist. Man erfährt allerdings erst nach dem Kauf, was erworben wurde. In meinem Sonic-Mystery-Bag gab es ein Strandtuch, ein Kissen und einen Button – Für 25€ halbwegs fair.
Gefühlt gab es in diesem Jahr mehr Stände, die Sonic Merchandise anboten, aber es gab weniger Vielfalt. Preislich gab es einige Schnappschüsse zu landen, wie beispielsweise eine Funko Pop von Knuckles (flocked) für 35€ – Diese ist online mittlerweile deutlich teurer.
Aber was gab es sonst so auf der Messe? Nun, für eine Messe, die „games“ bereits im Namen stehen hat, gab es dieses Jahr vergleichsweise wenig Spiele. Viele der anspielbaren Titel waren bereits erschienen oder erscheinen in wenigen Wochen / Monaten. Statt großer Publisher gab es große Social Media Plattformen und sogar Streaminganbieter. Tik Tok erwies sich aber als Überraschungstip: Viele Spiele konnten angespielt werden (unter anderem Street Fighter VI und Sonic Frontiers) und es gab regelmäßige Meet & Greets und Bühnenshows von und mit Influencern und Entwicklern. YouTube Shorts übernahm das Sponsoring für das Cosplay Village und Crunchyroll, der Anime-Streaminganbieter, hatte aus Gründen ebenfalls einen Stand, an dem das hauseigene Angebot und der bald erscheinende One Piece Film Red beworben wurde.
Das fehlen von Größen wie Nintendo oder Sony fiel deutlich auf. Das aber nicht nur negativ: In diesem Jahr wurde am Konzept scheinbar etwas geschraubt, sodass die Wege wesentlich breiter waren und es gefühlt deutlich mehr Platz in sämtlichen Bereichen gab. In sämtlichen Bereichen? Nein, ein Booth schafft es seit Jahren nicht, ein besseres Platzkonzept zu schaffen: Die Indie Arena.
Die Indie Arena ist ein toller Ort, jedes Jahr gibt es hier feinste Indie-Perlen zum anspielen, neue kreative Spiele zu entdecken … Aber einfach keinen Platz. Während die benachbare Retro-Area ebenfalls breitere Wege und mehr Freiraum bot, sah die Indie-Arena aus wie in jedem Jahr: Schmale Wege (auf denen sich dann auch noch Anspielstationen befanden), wenig Platz für die Aussteller, aber echt coole Spiele. Leider verstehe ich nicht, warum hier nicht mal geschraubt wird – Die Indie Arena hatte zwar mehr Fläche, doch diese wurde, in meinen Augen, sehr ineffizient genutzt. In Halle 10 hätte es noch ausreichend Platz gegeben, um hier alles noch ein wenig zu entzerren. Somit habe ich in diesem Jahr mal wieder kaum etwas von den interessant aussehenden Indietiteln gespielt, weil es schlicht unangenehm eng war.
Zwei Spiele der Indie-Arena möchte ich allerdings hervorheben: Zum einen das VR-Spiel WHAT THE BAT?, dem Nachfolger zu WHAT THE GOLF? von Entwicklerstudio Triband. Dieses, nennen wir es „Baseballspiel“, kommt mit einer Vielzahl kreativer Levels und Aufgaben daher, für die ihr nur 2 Baseballschläger zur Verfügung habt – Mehr nicht. Von Alltagssituationen wie z.B. einen Toast zubereiten bis hin zu „Einen Traktor auf dem Dach einer Scheune in ein gigantisches Gurkenglas“ fahren ist wirklich alles an aberwitzigen Ideen, selbstreferenziellem Humor und Anspielungen enthalten. Eindrücke mitsamt Trailer könnt ihr euch auf Steam verschaffen.
Ein weiterer toller Titel für entspannte Multiplayer-Abende: Block’Em!
Namensgebend spielt ihr kleine Blöcke, die selbst Blöcke kreieren können. Neben Schubsen, Sprinten und Springen sind das auch schon alle Fähigkeiten, die ihr benötigt! Mit bis zu 4 Spieler:innen gibt es unterschiedliche Minispiele auf einer Vielzahl an Maps (auch selbst erstellbar). Es geht natürlich darum, die Mitspielenden möglichst auszustechen: Entweder im Sudden Death überleben, als erster das Ziel erreichen oder auch die größte Anzahl an Blöcken bauen. Die kurzweiligen Runden machen viel Spaß und ich habe direkt Lust auf mehr bekommen! Trailer und anderes Material zum Spiel gibt es auf Steam zu begutachten.
Einen weiteren, sehr vielversprechenden Titel fand ich in Halle 7: backfirewall_. Entwicklerstudio Naraven Games bezeichnet den Titel selbst als Tragikomödie und punktet vor allem durch sein Setting: Ihr selbst seid ein Update-Programm und sollt dem Smartphone (die Spielwelt) ein Update verpassen. Die aktuell installierte Version, genannt OS9, ist davon aber leider gar nicht begeistert, weil es sterben wird! In cleveren Rätseln, mit viel Meta- und Informatiker-Humor (genau richtig für mich) galt es in der Demo, Systemfehler zu verursachen. Das war teilweise auch wirklich knifflig, da im vorhandenen Raum erstmal nach Hinweisen gesucht werden musste. Das Konzept ist cool, der Humor zündet (auch wenn man kein Informatiker ist) und OS9 wirkt bisher unheimlich sympathisch. Ich will auf jeden Fall mehr davon sehen!
Leider war es dann auch bereits mit Spielen, die ich angespielt habe, denn diese Gamescom bot an dieser Front für mich nicht so viel. Aber das finde ich gar nicht schlimm, ganz im Gegenteil: Die Gamescom war in diesem Jahr für mich genau richtig. Es waren weniger Menschen dort, die Stimmung war entspannter und abseits der Spiele gab es auch richtig viel zu entdecken! Ob nun in der Merchandise-Area, im Cosplay-Village, bei den Bühnenshows oder gar an den Essensständen. Und wenn schon das alles nicht, dann ist die Gamescom immer noch eine perfekte Möglichkeit, Freunde aus ganz Deutschland wieder zu treffen und neue Leute kennenzulernen. Überraschend schnell kommt man in der Schlange zu Sonic Frontiers mit anderen Sonic-Fans ins Gespräch und tauscht sich aus, es gab überall Platz um sich kurz mal auszuruhen, etwas zu essen oder sich einfach mal vor eine der zahlreichen Bühnen zu stellen. Der Eventfaktor der Messe ist gewachsen und ich finde das gut so! Am Donnerstag gab es ein Konzert zum Spiel Metal Hellsinger direkt auf der Messe. Kostenlos. Mit zahlreichen Größen aus der Metal-Szene. Das hat es bisher so noch nicht auf der Gamescom gegeben und solange die Messe mit solchen Aktionen nicht ihren Bezug zu den Spielen verliert, darf es sowas in meinen Augen häufiger geben. Ob man nun den Escape-Room von McDonalds toll findet, oder nicht, sei jedem selbst überlassen – Die Idee war auf jeden Fall nicht schlecht.
Ebenfalls stört es mich nicht, schon gar nicht im Jahr 2022 nach 2 Jahren Pandemie, dass die anspielbaren Spiele bereits draußen sind oder bald erscheinen. Allein durch das Herumlaufen habe ich ein paar Spiele entdecken können, bei denen ich mir dachte „Hey, das schaue ich mir zuhause mal genauer an!“. Speziell durch die Pandemie kam die Zusage, dass die Gamescom überhaupt stattfindet, erst sehr spät. Und eine E3, von der wir üblicherweise die Demos in Köln anspielen können, gab es nicht. Das sind nur ein paar der organisatorischen Gründe, warum dieses Jahr alles etwas anders war. Nächstes Jahr rechne ich damit, dass die Lage entspannter ist und wir auch wieder mehr Demos bekommen – Aber von dem Gedanken, Demos von Spielen anspielen zu können, die erst Jahre später erscheinen, sollten wir uns verabschieden. Das tut weder den Spielen gut, noch uns als Enthusiasten (falsche Erwartungshaltungen etc.).
Was mich hingegen stört: Influencer. Und das geht nicht gezielt gegen besimmte Personen (wenn es auch in der öffentlichen Berichterstattung ein paar Vorfälle gab), nicht gegen die Tätigkeit „Influencing“ an sich, sondern gegen deren Verhalten auf der Messe. Ich hatte zwischendurch das Gefühl, wenigstens jeder Fünfte würde mit Smartphone-Stativ und laufendem Twitch-Stream durch die Hallen laufen, größere Influencer zogen riesige Menschentrauben hinter sich her und blockierten teilweise mindestens den halben Weg des Hauptboulevards (der ist nun wirklich nicht schmal) und das war auf Dauer unglaublich nervig. Nicht nur einmal habe ich eine der hochgehaltenen Handykameras mitsamt Stativ auch an den Kopf bekommen (besonders in der etwas engeren Merchandisehalle ist das schnell mal passiert) und dann kam noch nicht mal eine Entschuldigung.
Vom Coronakonzept war kaum bis gar nichts zu merken (das Konzept war wohl „Desinfektionsspender auf den Toiletten und Maskenpflicht …. ausschließich in der Indie-Arena, an die sich aber niemand hält“?), die versprochenen virtuellen Warteschlangen waren nicht auszumachen und die Essenspreise waren zwar bei den meisten Ständen recht okay, aber teilweise dafür auch wieder messetypisch unverschämt hoch. Über diese Mängel kann ich aber mit den vielen positiven Sachen gut hinwegsehen.
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Fazit
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Mehr Event, weniger Gaming. So ließe sich die Gamescom 2022 in meinen Augen gut zusammenfassen. Ich hatte grundsätzlich mehr Spaß als in den Vorjahren – Was primär an Sonic Frontiers und den dazugehörigen Events lag, das gebe ich zu, aber auch sonst war alles sehr entspannt. Ich muss mich nicht durch die Massen drängeln, sondern konnte relativ angenehm schnell überall hinkommen – Für diesen Luxus verzichte ich gern auf den einen oder anderen Publisher und nehme ein paar größere Sponsoren in Kauf. Mal schauen, was die Messe nächstes Jahr aus dem Hut zaubern kann und ob ein paar Unschönheiten im derzeitigen Messekonzept ausgemerzt werden können.
Und BITTE, liebes Team der Kölnmesse / vom Indie Arena Booth: Macht die Indie Arena größer. Sorgt dafür, dass man dort gern hingeht und sich nicht eingequetscht fühlt. Das haben die Entwickler:innen und ihre fantastischen Spiele nicht verdient. Der Platz ist da – Bitte nutzt ihn auch!