Sonics große Riege an Charakteren steht immer wieder in der Kritik, besonders von Bereichen außerhalb der Fanbase. SEGA hat darauf reagiert, weshalb sie Sonic in den letzten paar Haupttiteln der Reihe solo auf Abenteuer geschickt haben. Was mag der Grund für diese Ablehnung anderer spielbarer Figuren sein?
Herzlichen Glückwunsch! Ihr habt gerade die „Spin Zone“: Act 1 erreicht. In dieser neuen Rubrik hier auf SpinDash teilen Teammitglieder zu den verschiedensten Themen rund um Sonic the Hedgehog ihre Ansichten und Meinungen – kurz gesagt, es handelt sich um eine Ansammlung an Editorals unter einem Dach. Die Themenwahl ist dabei jedem Schreiberling freigestellt, was den großen Vorteil hat, dass jeder über jene Aspekte der Sonic-Franchise seine Meinungen darbringen kann, die ihn persönlich interessieren. Doch unser Wort ist dabei natürlich nicht Gesetz – im Gegenteil, als unsere Leser seid ihr natürlich jederzeit eingeladen, eure eigenen Ansichten mit uns und weiteren Fans zu teilen.
Wie in einem Editoral üblich, spiegelt der folgende Artikel lediglich die Meinungen und Ansichten des zuständigen Redaktionsmitgliedes wieder.
Einem komplizierten wie hochinteressantem Thema will ich mich heute in meinem ersten Spin Zone-Artikel widmen: Den Freunden rund um Sonic und ihre spielbare Inkludierung in den Spielen der Hauptserie. Die Diskussionen die über die spielbaren Rollen von den Gefährten des Igels bereits geführt wurden können vermutlich Bücher füllen, unterschiedliche Meinungen gibt es dabei zuhauf. Die einen erhoffen sich bereits sehnsüchtig die Rückkehr von weiteren spielbaren Charakteren abseits unserer pfeilschnellen Hauptfigur, die anderen hätten nichts dagegen, auch in vielen weiteren Spielen mit Sonic alleine durch die Gegend zu flitzen.
Sonics (shitty) Friends sind ein ziemlich spannungsgeladenes Problemfeld dieser Serie – doch warum ist das überhaupt so? Ich werde versuchen im nachfolgenden Text die Antwort zu dieser Frage zu finden, im Anschluss dazu auch ein paar meiner persönlichen Lösungsvorschläge präsentieren.
Noch ein kleiner Einwurf, es geht bei diesem Editoral alleine um die Hauptreihe – Sonic Boom lasse ich aufgrund der zahlreichen Unterschiede zu den Spielen von Sonic Team gewollt außen vor.
Um der Sache auf der Spur zu kommen, muss natürlich erst einmal bestimmt werden, ab wann weitere spielbare Charaktere plötzlich zu einem Dorn im Auge vieler Kritiker wurden. Wendet man seinen Blick zu den Klassikern der Serie rund um die Mega Drive-Zeiten, wird man in dieser Hinsicht nicht viel vorfinden – beinahe niemand beschwerte sich über die spielbaren Einsätze von Figuren wie Tails oder Knuckles. Im Gegenteil, die Möglichkeit auch mit weiteren Helden durch die einzelnen Zonen zu flitzen, was im Falle von Knuckles sogar mit eigenem Story- und leicht abgeändertem Levelverlauf möglich war, wurde von vielen Seiten mit offenen Armen empfangen.
So weit so gut, doch nun sind wir bei der nächsten großen Ära der Sonic-Reihe angekommen, der Dreamcast-Ära. Hier sieht die Sache nicht mehr ganz so positiv aus, schon mit dem ersten großen 3D-Titel Sonic Adventure zeigten sich die ersten Probleme mit Sonics Gruppe an Charakteren. Neben dem blauen Igel waren ganze fünf weitere spielbare Figuren im Titel enthalten. Neu war jedoch, dass all diese Figuren einen signifikant unterschiedlichen Spielstil aufgewiesen haben, mit teilweise großen Abweichungen von der üblichen Art mit der man ein Level in einem Sonic-Spiel erobert.
Tails war dem bekannten Sonic-Gameplay noch am nahesten, doch bei Charakteren wie Knuckles, Amy sowie Gamma war plötzlich nicht mehr ein möglichst schnelles Durchrasen der Level das Hauptziel. Stattdessen musste man sich auf Erkundung, Katz- und Maus und sogar einen Shooter umstellen. Dann kam auch noch Big mit seinem Angel-Minispiel, und der letzte Rest der noch entfernt an Sonic erinnerte, war endgültig verschwunden.
Dieser Trend wurde im Nachfolger Sonic Adventure 2 fortgeführt, den Spieler in unterschiedliches Gameplay zu zwängen wurde sogar vorausgesetzt um in der Story weiterzukommen. Konnte man im ersten Adventure mit einem Charakter die ganze Story aus seinem Blickwinkel erleben, sprang man hier im Verlauf der Geschichte ständig zwischen den einzelnen Hauptfiguren hin und her. Auf ein spaßiges und flottes Level mit Sonic oder Shadow, folgte gleich mal ein schwerfälliger Shooter mit Tails oder Eggman, bzw. eine verwirrende Emerald-Suche mit Knuckles oder Rouge. Nur mehr ein Drittel des Spieles bestand also aus jenem flotten Action-Plattformer für das die Sonic-Reihe berühmt wurde, möglicherweise sogar weniger, wenn man bedenkt wie schnell die Sonic-Level im Vergleich zu den restlichen Spielstilen auch schon wieder um sind.
Unabhängig davon ob diese unterschiedlichen Spielstile jetzt gut oder schlecht sind, ob sie einem gefallen oder nicht, sie haben etwas bewirkt das sich bis heute in die Köpfe vieler Kritiker der Serie festgesetzt hat: Sonic steht für aufregende Geschwindigkeit, seine Freunde jedoch meist für komplette Gameplay-Änderungen weit abseits der üblichen Einsätze mit dem blauen Igel. Anstelle das gewohnte Sonic-Gameplay mit ihren kleinen Eigenheiten zu erweitern, machen die alternativen Charaktere nicht selten eine 180°-Kurve um ihr vollkommen eigenes Ding zu drehen. Das stößt Kritikern als auch vielen Fans, die sich von einem Sonic-Titel natürlich auch einen Hauptfokus auf das beliebte Sonic-Gameplay erwarten, verständlicherweise etwas sauer auf.
Verstärkt wurde diese Ablehnung im Laufe der nächsten Titel sicher auch dank dem vollkommen planlosen Agieren von SEGA in Hinsicht auf die gesamte Reihe. Auch das eher fragwürdige und dürftige Writing, unter dem viele Charaktere eine relativ lange Zeit gelitten hatten, trug gewiss seinen Teil dazu bei.
Zu guter Letzt wurde Sonic, immerhin die große Hauptfigur der Reihe, für eine nicht geringe Dauer in seinen eigenen Spielen regelrecht an die Seitenlinie verbannt. Entweder wurde er wie in Shadow the Hedgehog komplett lächerlich dargestellt damit der schwarze Igel in seinem eigenen Spiel ohne Störungen glänzen darf, oder er wurde überschattet von einem fast schon übergroßen Cast an weiteren Charakteren. Zwölf spielbare Charaktere waren alleine in Sonic Heroes vertreten, während Sonic the Hedgehog 06 zumindest auf neun kommt. Quantität wurde in diesen Spielen eindeutig über Qualität gewählt, was die Abnutzungserscheinungen gewisser Nebenfiguren nur noch weiter erhöht hat.
Besonders die neueren Charaktere wie z. B. Shadow oder Silver standen ab diesem Zeitraum stark in der Kritik. Ihnen wurde in weiterer Folge die Schuld an der damals dürftigen Qualität der Reihe in die Schuhe gesteckt, und dass sie sich so sehr von ihren ehemaligen, erfolgreichen Wurzeln entfernt hat. Eine falsche Behauptung welche die wahren Gründe natürlich nicht mal ankratzt, aber Sonics Freunde waren dank ihrem ständigem Auftauchen, besonders als die Serie den Bach runterging, bequeme Ziele auf der Suche nach den Problemen, die den blauen Flitzer in diesen Zeiten heimsuchten.
Es kam letztendlich wie es kommen musste: Der Ruf der Freunde war speziell nach Sonic 06 komplett im Eimer, weswegen SEGA für die kommenden Titel signifikant an Ballast abgeworfen hat. Zwar wurden die vielkritisierten Nebenfiguren nicht gleich aus der Reihe geschmissen, auf einen weiteren spielbaren Auftritt abseits von Spin-Offs und Party-Games wartet der Großteil von ihnen allerdings bis heute, fast zehn Jahre nach Sonic 06.
Leider ein weiterer Schnellschuss seitens SEGA und Sonic Team, wie ich finde. Anstatt einen zuvor kritisierten Aspekt an ihren Spielen einfach zu verbessern, haben sie ihn mit Zementschuhen über Bord geworfen. Dabei haben sie es in der Vergangenheit schon so oft richtig hinbekommen:
Spiele wie die Sonic Advance-Reihe, beide Sonic Rush und Sonic Rivals-Titel, ja sogar Sonic und der Schwarze Ritter, sie alle haben gezeigt wie man alternative Charaktere auf eine tolle Art in ein Sonic-Spiel einbaut. Anstatt eine komplette und unerwartete Gameplayänderung zu bieten, spielen sich die Freunde zu einem Großteil wie Sonic selbst, bringen dabei aber alle ihre ganz eigenen Spezialfähigkeiten mit. Tails kann fliegen, Knuckles kann Wände durchbrechen, Amy greift mit ihrem Hammer an, Blaze kann ihre Feuerkräfte benutzen, Cream hat einen Chao dabei der für sie kämpft, usw. Die Charaktere sind unterschiedlich genug um sich nicht wie verschiedenfarbige Kopien von Sonic zu spielen, bleiben dem flotten, ikonischen Gameplay der Reihe jedoch gleichzeitig vollkommen treu.
Zusätzlich sind die Charaktere in den meisten Fällen optional, besonders Sonic und der Schwarze Ritter sticht in dieser Hinsicht positiv heraus. Wenn man will kann man das gesamte Spiel mit Sonic alleine durchzocken, doch ab der Hälfte besteht zumindest die Option, die ritterlichen Versionen von Shadow, Knuckles oder Blaze für den Rest der Story zu verwenden. Auf diese Art ist allen Fans gedient.
Bei Sonics Freundeskreis handelt es sich um eine interessante Truppe die ich persönlich sehr gerne in den kommenden Spielen der Reihe wiedersehen würde, natürlich auch in einer spielbaren Rolle. Wie meine Idealversion ihrer Inkludierung aussehen würde, fasse ich mal in ein paar schnellen Aufzählungspunkten zusammen:
- Das Gameplay der Freunde soll dem bekannten Sonic-Gameplay treu bleiben, kein Genre-Roulette mehr.
- Alle Charaktere sollen passende Fähigkeiten mitbringen, die sie voneinander unterscheiden.
Sie zu spielen sollte zum Großteil optional bleiben, man soll die Wahl haben mit wem man das ganze Abenteuer bestreiten möchte. - Sonic ist natürlich die Hauptfigur und sollte das größte Rampenlicht abbekommen, auf die zusätzlichen Charaktere und ihre Rolle in der Story sollte jedoch ebenfalls angemessen eingegangen werden.
- Nicht zu viele Charaktere gleichzeitig in ein Spiel werfen, sonst wirkt es überladen. Stattdessen sollten ihre spielbaren Einsätze ein bisschen aufgeteilt werden, je nachdem wie sehr sie in die Geschehnisse des jeweiligen Titels passen könnten. 2-5 spielbare Charaktere pro Titel genügen auf jedem Fall, und gibt dem Entwicklungsteam die Gelegenheit, diese wenigen Charaktere dafür umso besser auszubauen.
- Um auf den letzten Punkt aufzubauen, jeder Charakter soll eine Option für eine spielbare Rolle darstellen, nicht nur die klassischen drei. Charaktere wie Tails, Knuckles oder Amy haben kein größeres Anrecht darauf spielbar zu sein wie z. B. Shadow, Blaze oder Silver, nur weil sie ein paar Jahre früher aufgetaucht sind. Einzige Ausnahme ist selbstverständlich Sonic selbst, schließlich ist er die Hauptfigur.
Noch etwas, auch wenn es hier um ihre Inkludierung geht, eines sollte dennoch klargestellt werden: Ein Sonic-Spiel braucht nicht zwangsweise optionale Charaktere. Wenn SEGA zwischendurch mal ein Spiel machen will das sich nur auf Sonic alleine in Sachen spielbare Rolle konzentriert, ist das in meinen Augen ebenfalls vollkommen in Ordnung. Zusätzliche Charaktere auf haudrauf ins Spiel zu pressen ist ebenfalls nicht der ideale Weg, Sonic Team sollte sich nicht gezwungen fühlen, jedes Mal den halben Cast zu benutzen.
Aber nach so vielen Haupttiteln in denen Sonics Freunde wenn überhaupt nur die Rolle von belanglosen Randfiguren gespielt haben, wäre es eine mehr als willkommene Abwechslung, wenn sie endlich mal wieder aktiv mitmischen dürften. Solange sie nur als Cheerleader inmitten eines erbitterten Kampfes zwischen Sonic und Eggman (Stichwort Sonic Generations) vorhanden sind, wird das große Potential dieser Figuren nicht mal im Ansatz erfüllt.
Wir können nur hoffen SEGA und Sonic Team fassen irgendwann wieder den Mut die zusätzlichen Charaktere richtig in die Geschichte und das Gameplay der zukünftigen Titel einzubauen. Vielleicht gibt es sogar Licht am Ende des Tunnels: Schließlich ist ein nicht geringer Teil der Freunde im von Sonic Team entwickelten Mobile-Game Sonic Runners mit von der Partie. Könnte dieser Schritt ein erstes Anzeichen einer Lockerung der „Sonic only“-Regelung der letzten Jahre darstellen? Das wird die nahe Zukunft sicher schon sehr bald zeigen, spätestens zum 25. Jubiläum der Reihe, wenn gerüchteweise der nächste große Haupttitel des Igels ansteht.
Jetzt seid ihr an der Reihe! Würdet ihr meinen Argumenten zustimmen, oder entfernen sich eure Ansichten ein wenig? Lasst es mich wissen und teilt mir eure Meinungen zu diesem interessantem Thema mit, entweder in den Kommentaren, oder im Spin Zone-Thread in unserem Forum (Link).
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CreepyMiner
vor 9 Jahre |
Ich kann da bei diesen Argumenten nur zustimmen. Es ist auch wirklich Segas Schuld, da sie viel zu viele Charaktere erschaffen haben, die nur in Einem oder Zwei Spiele verfügbar waren (Mighty the Armadilo, Ray the flying Squirrel, Bear the Polarbear usw.). Es wäre auch schön alte Charaktere zusehen.