Das neue Classic-Abenteuer von PagodaWest Games im Test: Hält das kürzlich veröffentlichte Sonic Mania den großen Erwartungen stand? Wir werfen einen ausführlichen Blick auf den Titel, und zählen Pro und Kontra von Sonics neuestem 2D-Ableger für euch auf!
Es ist inzwischen wohl schwer zu übersehen: Sonic Mania erobert die Fanbase als auch die allgemeine Gaming-Welt im Sturm. Eine für Sonic-Spiele ungewöhnlich hohe Metacritic-Bewertung (88 aktuell für Nintendo Switch), Top-Platzierungen auf den Download-Ranglisten und zahlreiche positive Eindrücke wohin man blickt sprechen für sich und zeigen eindrucksvoll, dass Entwickler PagodaWest Games sowie Taxman & Stealth mit ihrem ambitionierten Projekt einen augenscheinlichen Volltreffer gelandet haben.
Doch ist das Gesamtpaket dieses neuen 2D-Abenteuers wirklich frei von Problemen, oder finden sich ein paar raue Kanten im Mix, die dieses nostalgische Spielerlebnis eventuell negativ beeinflussen können? Im großen SpinDash-Review setzen wir Sonic Mania unter die prüfende Lupe und stellen fest, ob es sich hier tatsächlich endlich um einen würdigen Nachfolger der vielgelobten Mega Drive-Ableger handelt.
Bei meiner Testversion handelt es sich um die Nintendo Switch-Version, die von Tantalus Games auf das System geportet wurde. Eine leichte Spoiler-Warnung besteht für dieses Review, was z. B. Zonen-Anzahl und die Aufteilung zwischen Alt und Neu angeht, ich werde jedoch nicht zu sehr ins Detail gehen und diverse Überraschungen des Titels nicht für jene unter euch verderben, die noch auf die PC-Version warten.
| Bosse, Special Stages und Belohnungen | Grafik, Musik und Story | Fazit |
Startet man das Spiel und hüpft man zum ersten Mal in das Menü, stehen dem Spieler anfangs nicht viele Optionen offen. Doch das ist nicht schlimm, es handelt sich schließlich um ein klassisches Sonic-Spiel – also nicht lange zögern und ab ins Abenteuer!
Der Mania-Modus ist das Hauptaugenmerk des Spieles und stellt uns eine ganze Reihe an Save-Files und für die Liebhaber einer richtigen Herausforderung auch einen No Save-Durchgang zur Verfügung. Sofort von Anfang an hat man die Wahl: Stürzt man sich mit der ikonischen Zweierkombo Sonic & Tails, oder mit Sonic, Tails oder Knuckles jeweils im Alleingang ins Gefecht gegen Dr. Eggman?
Alle Charaktere bringen wie gewohnt ihre eigenen Mechaniken und im Falle von Knuckles sogar einen leicht abgeänderten Durchgang durch das Spiel in den Mix, wodurch die Wahl für das Gameplay etwas signifikanter ausfällt als einfach nur eine persönliche Präferenz zu sein. Diese Feinheiten kommen dem Wiederspielwert des Titels natürlich sehr zugute – ein sehr wichtiger Aspekt bei einem Ableger, der für einen gewöhnlichen Durchgang je nach Können der Person am Controller gerade mal 3-5 Stunden andauert.
Sonic Mania besitzt alles in allem ungefähr die selbe Länge wie das kombinierte Sonic 3 & Knuckles. Im Spiel enthalten sind 12 Zonen mit jeweils 2 Acts – nach Act 1 wartet ein Mini-Boss und nach Act 2 der Endgegner der Zone. Zwischendurch etwas aufgelockert wird das Geschehen von den Blue Sphere-Bonuslevels und natürlich den großen Ringen, welche einen Versuch erlauben, in den vollkommen neuen Special Stages einen der begehrten Chaos Emeralds zu ergattern. Dazu später im Review noch mehr.
So viel zum Umfang des Hauptmodi – doch was ist sonst noch in Sonic Mania enthalten? Hat man sich im Mania-Modus zumindest in der Green Hill Zone erst mal ausgetobt, werden gleich zwei neue große Modi freigeschaltet: Time Attack und Competition.
Der Time Attack-Modus fungiert als Heimat für Speedrunner, die sich auch gerne international beweisen möchten. Man kann mit einem beliebigen Charakter durch einen gewünschten Act der bereits im Hauptmodus gemeisterten Zonen rasen, während im Hintergrund der Timer nach oben zählt. Am Ende der Stage wartet anstelle des Bosses das Ziel, bei Berührung stoppt die Zeit und ihr könnt anschließend in der Online-Rangliste nachsehen, wie ihr euch im Vergleich zu weiteren Teilnehmern aus aller Welt geschlagen habt. Ein besonders praktisches Feature: Habt ihr mitten in eurem Lauf einen unglücklichen Fehler gemacht, genügt ein einziger Knopfdruck, um euren Charakter wieder zurück an den Start zu verfrachten – man muss sich für einen Neustart also nicht jedes Mal lästig durch ein Menü klicken.
Beim Competition-Modus handelt es sich derweil um den Zweispieler-Modus des Spieles. Mit frei wählbaren Charakteren (auch Duplikate sind erlaubt) liefert ihr euch zusammen mit einem weiteren Mitspieler ein Wettrennen durch eine Auswahl von 12 Acts aus dem Hauptspiel. Vor Beginn des Matches könnt ihr noch die Items und die Rundenanzahl anpassen, dann startet ihr auch schon los. Sind beide Teilnehmer am Zielschild angelangt, wird eure Leistung verglichen und der Sieger der Runde gekürt. Der zusammengequetschte Splitscreen-Look kehrt aus den alten Titeln zurück und wirkt besonders in heutigen Zeiten ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber ansonsten handelt es sich bei diesem Modus um eine nette, kleine Ergänzung für jene unter euch, die einen weiteren Classic-begeisterten Sonic-Fan in greifbarer Reichweite haben. Eine Möglichkeit, diesen Modus auch online mit entfernten Freunden zu spielen, gibt es derweil bedauerlicherweise nicht.
Gameplay, Charaktere und Leveldesign – Wie in guten, alten Tagen
Schon auf den ersten Blick im Ankündigungs-Trailer vor einem Jahr war klar: Sonic Mania hat es sich zum Ziel gemacht, dieses damalige so ikonische Spielgefühl der Mega Drive-Klassiker aufzugreifen und genau dort weiter zu machen, wo Sonic & Knuckles vor über 23 Jahren aufgehört hat. Dieses Versprechen wurde auch gänzlich gehalten, jene Fans der alten Titel werden sich tatsächlich schon mit Start der ersten Sekunde in der Green Hill Zone bereits ganz wie Zuhause fühlen. Sonic und Co. rennen, rollen und springen wie in guten alten Tagen durch die einzelnen Level, die Physics dabei immer so akkurat wie möglich. Vorbei sind die Zeiten in denen man automatisch durch Loopings oder Anhöhen gezogen wird – wer nicht schnell genug ist, fällt einfach wieder herunter und muss erst mal Anlauf nehmen oder einen Spindash aufladen. Gelingt es jedoch, die Schnelligkeit zu halten, wird man mit einem Geschwindigkeitsgefühl belohnt, das nach wie vor seinesgleichen sucht.
Eine große Hilfe für dieses Vorhaben stellt Sonics neueste Fähigkeit für Sonic Mania dar: Der Drop Dash. Befindet man sich mit dem Igel nach einem Sprung in der Luft und hält anschließend den Sprungknopf gedrückt, zischt der blaue Igel zu Boden und rollt davon, als hätte man gerade einen Spindash gezündet. Dieser praktische Move erlaubt es dem Spieler, nach einem Sprung das Momentum zu behalten und sorgt besonders in der Speedrun-Community schon jetzt für einige beeindruckende Anblicke.
Tails und Knuckles erhielten derweil keine großen Änderungen im Vergleich zum letzten klassischen Ableger. Der gelbe Fuchs ist immer noch gleich schnell als Sonic und zusätzlich in der Lage, mithilfe seiner Flugfähigkeiten für begrenzte Zeit durch die Lüfte zu flattern und dadurch für andere Charaktere außer Reichweite befindliche Ebenen zu erreichen.
Der kichernde Ameisenigel hingegen kann wieder gleiten, klettern und sogar zerstörbare Wände durchbrechen, die ihn in exklusive Areale verfrachten. Als Ausgleich für dieses vielschichtige Moveset ist seine Sprunghöhe dafür leicht reduziert, was ihn besonders in diversen Bosskämpfen verwundbarer macht. Man kann mit ihm zwar wie gewohnt durch die Levels flitzen, sein Charakter eignet sich jedoch auch besonders für eine etwas gemächlichere Erkundung, um Geheimnisse aufzuspüren.
Besagte Geheimnisse gibt es nämlich in den Zonen von Sonic Mania zuhauf und es ist quasi unmöglich, sie alle beim ersten Durchgang zu entdecken. Es gibt unter anderem wieder hilfreiche Item-Monitore zu finden, die unter anderem die zurückkehrenden Elementarschilde, Schnelligkeitsschuhe, Unbesiegbarkeit, aber auch den neuen blauen Ring aus Knuckles‘ Chaotix, der die aus dem Charakter herausploppenden Ringe bei Gegnertreffer in große Ringe zum erleichterten Einsammeln verwandelt, enthalten. Am Begehrtesten sind aber wie gewohnt jene massiven Ringe, welche die Helden in die Special Stage auf die Jagd nach einem Chaos Emerald schicken. Diese sind zum Großteil wirklich sehr knifflig versteckt und verlangen ein aufmerksames Auge bzw. die genaue Erkundung der einzelnen Level.
Das allgemeine Leveldesign der Zonen von Sonic Mania ist voll und ganz von der Philosophie der alten Titel inspiriert: Quasi jede einzelne Stage ist riesig und verfügt über zahlreiche alternative Pfade, die sich in drei hauptsächliche Ebenen eingliedern. Wer es schafft, an der Spitze zu bleiben, wird mit dem schnellsten Weg durch die Stage belohnt – Fehler werden jedoch nicht selten mit einem Absturz in die mittlere oder gar die unterste Ebene bestraft, in denen Hindernisse und Plattforming-Sequenzen oft vorherrschen und euren Lauf ausbremsen. Gute Reaktionen und natürlich auch ein bisschen Übung im Form von wiederholten Durchgängen werden also belohnt.
Auffallend ist, dass das Spiel über viele Stellen auf todbringende Abgründe vollkommen verzichtet. Nur an sehr vereinzelten Stellen muss man darauf achten, nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren, selbst in den späteren Zonen des Spieles. Die Tatsache, dass man im untersten Bereich des Levels meist nur sehr langsam unterwegs ist, scheint den Entwicklern glücklicherweise bereits Strafe genug für unvorsichtige Spieler zu sein. Die hauptsächliche Schwierigkeit hinsichtlich eines unglücklichen Ablebens in den Levels selbst kommt also eher von den zahlreichen fiesen Badniks, diversen Hindernissen sowie speziell in späteren Orten von Plattformen die dazu neigen, unvorsichtige Helden einfach zu zerquetschen – speziell Letzteres passiert in diesem Spiel tatsächlich etwas öfter, als man es wohl gerne hätte.
Ein Game Over hat man in Sonic Mania bald mal erreicht, besonders für Neulinge dieses Spielstiles die sich im Laufe ihres Durchganges erst mal mit den Mechaniken eines Classic-Sonic vertraut machen müssen. Der Schwierigkeitsanstieg für spätere Zonen ist relativ steil, das Endgame bietet selbst für Classic-Veteranen ein paar knifflige Herausforderungen und ein besonders langes Finallevel, in welchem der Timer von zehn Minuten zumindest bei den ersten Versuchen zu einem Problem werden könnte.
Alle Leben zu verlieren wird für unsere modernen Videospielzeiten ungewohnt hart bestraft, man muss nämlich die gesamte Zone neu starten, selbst wenn man erst beim Endgegner des zweiten Acts ins Gras beißt. Tutorials sind im Spiel abgesehen von einem digitalen Beschreibungsheftchen keine zu finden, in Sonic Mania lernt man also wie in den Klassikern indem man einfach spielt, scheitert, und es beim nächsten Mal dann besser weiß.
Die meisten der Zonen aus Sonic Mania bestehen aus zurückkehrenden Orten – acht der zwölf Stages kommen aus einem der fünf Klassiker für den SEGA Mega Drive und sollten versierten Sonic-Fans deshalb bereits sehr bekannt vorkommen, das sind zwei Drittel des gesamten Spieles. Dem im Vorfeld geäußerte Kritikpunkt, Sonic Mania wäre hauptsächlich nur eine Ansammlung von alten Levels nicht unähnlich Sonic Generations, kann man bei einer solch ungleichen Aufteilung durchaus Legitimität zusprechen.
Doch – und dabei handelt es sich um den rettenden Punkt – ist keine einzige dieser zurückkehrenden Zonen eine 1:1-Kopie aus dem jeweiligen Spiel, ganz im Gegenteil. Während zumindest ein Act sich der Nostalgik wegen meist noch am Original orientiert und z. B. gewisse ikonische Ausschnitte und Gimmicks der Level nochmal einfügt, ist das Leveldesign selbst von Grund auf neu aufgebaut. Und der weitere Act wirft, in den meisten Fällen zumindest, die jeweilige Zone komplett über den Haufen und präsentiert dem Spieler vollkommen neue Ansätze. Die Entwickler beweisen eine große Kreativität dabei, diesen alten Schauplätzen nochmal neues Leben einzuhauchen und trotz ihrer Wiederverwendung für ein vollkommen frisches Spielerlebnis zu sorgen. Dieses Vorhaben gelingt ihnen bis auf wenige Ausnahmen mit fliegenden Fahnen – sogar so gut, dass mir die Mania-Versionen selbst von jenen wenigen Zonen gefallen haben, die ich im Originalspiel derweil eher nicht so gerne mochte.
Die vier verbleibenden originellen Schauplätze schlagen derweil besonders stark ein, und geben uns einen ersten Vorgeschmack darauf, wie ein vollkommen neues Sonic-Spiel unter der Führung von Taxman & Stealth wohl aussehen könnte. Jede einzelne dieser neuen Zonen passt thematisch zur Reihe, sie fügen sich alle nahtlos und professionell in das Spielerlebnis ein und trumpfen mit zahlreichen neuen Mechaniken auf, die das flotte Sonic-Gameplay wundervoll ergänzen. So gut manche zurückkommende Schauplätze auch angepasst wurden, diese neuen Orte wecken bei mir auf jeden Fall den großen Wunsch auf einen Nachfolger, der ausschließlich nur aus eigenen Konzepten der talentierten Köpfe hinter Sonic Mania besteht.
Eine eher unschöne Sonic-Tradition trifft jedoch zum Abschluss dieses Punktes leider auch für Sonic Mania zu: Glitches. Auch das aktuellste Sonic-Abenteuer ist nicht gefeit vor diesen lästigen Spaßbremsen und in diesem Titel kommen sie in einigen verschiedenen Formen. Soundeffekte die zu falschen Zeiten eingespielt werden oder das plötzliche Aussetzen der Hintergrundmusik gehören noch zu den harmloseren Beispielen denen man begegnen kann, frustrierend wird es jedoch, wenn der Charakter plötzlich an einem Hindernis hängen bleibt und man zum Neustart des Levels gezwungen wird, wie es mir z. B. beim ersten Durchgang passiert ist. Auch spezielle Bosskämpfe sind leider etwas anfällig für ungewünschte Fehler. Ich hatte zwar bereits weitere Durchgänge in denen absolut gar nichts Außergewöhnliches in dieser Hinsicht passiert ist, ein Kritikpunkt sind diese Probleme jedoch dennoch und sie werden hoffentlich in Form von zusätzlichen Patches ausgemerzt werden.
Bosse, Special Stages und Belohnungen – Hartgekochte Maschinen und unidentifizierte Flugobjekte
So sehr Sonic Mania sich auch von den klassischen Mega Drive-Titeln inspirieren lässt, in einem Punkt schweift das Spiel ziemlich stark von einer Designentscheidung der Vorgänger ab: Die Bosskämpfe. Vorbei sind die Zeiten, in denen man einen Miniboss oder Dr. Eggman in einem der Zone angepassten Eggmobile ausschließlich in einem kleinen Areal bekämpft hat – Sonic Mania wird hinsichtlich der Konfrontationen am Ende eines Acts stellenweise richtig kreativ, und wirft unter anderem flotte Verfolgungskämpfe oder gänzliche Gameplay-Änderungen in den Mix, um Dr. Robotnik und seinen Hard Boiled Heavies einzuheizen.
Für viele ein Segen und ein Fluch zur gleichen Zeit. Die früheren Bosskämpfe waren zwar nicht sonderlich spekakulär, aber simpel und leicht zu verstehen: Attackiere den Miniboss oder Eggmans Gefährt mit einem gezielten Sprung, wann immer diese offen für einen Angriff sind. Auch in Sonic Mania folgen ein paar Endgegner diesem klassischen Prinzip, ein paar weitere entfernen sich jedoch relativ stark davon und trumpfen mit neuen Mechaniken auf. Speziell beim ersten Versuch ist es deshalb oftmals nicht ersichtlich, wie genau man die Schwachstelle des Feindes erwischen kann – die Bosskämpfe von Stardust Speedway oder Flying Battery sind zwei dieser Beispiele. Das kann durchaus für Frustmomente sorgen, speziell wenn die Lebensanzahl bereits sehr gering ist.
Wurde der Schalter dann jedoch umgelegt, machen die meisten dieser Endgegner in meinen Augen durchaus Spaß und bieten eine willkommene Abwechslung zum klassischen „Hüpf ein paarmal gegen den Boss“-System. Ein Spektakel sind diese Konfrontationen nämlich in vielen Fällen, ganz egal ob es sich dabei um Eggmans größtenteils neue verrückte Maschinen, oder die Hard Boiled Heavies handelt, die sich alle vollkommen unterschiedlich bekämpfen lassen und ihre speziellen unterhaltsamen Eigenheiten in die Gefechte mitbringen.
Wer das gute Ende erreichen und mit Super Sonic, Super Tails und Super Knuckles durch die Levels flitzen will, muss sich wie gewohnt erst mal die sieben Chaos Emeralds unter den Nagel reißen. Sonic Mania präsentiert uns eine vollkommen neue Special Stage, die uns in eine 3D-Rennstrecke wirft um ein UFO zu verfolgen, das sich einen der begehrten Edelsteine gekrallt hat. Blaue Sphären die auf der Strecke verteilt sind erhöhen den Geschwindigkeitsmeter der Helden wenn man genug von ihnen eingesammelt hat, während Ringe die Zeit verlängern die man zur Verfügung hat, um das flüchtende Fluggefährt einzuholen. Prallt man gegen ein Hindernis verliert man 10 Sekunden, fliegt man über den Rand oder in ein Loch von der Stage ist der gesamte Versuch gescheitert.
Wer früher das Rennspiel Sonic R gezockt hat, wird mit der doch sehr sensiblen Steuerung vermutlich etwas besser vertraut sein, als Neueinsteiger. Anfangs ist diese neue Special Stage auf jeden Fall sehr gewöhnungsbedürftig und besonders die späteren Strecken werfen enge Kurven und zahlreiche Fallgruben in den Mix, was bei vielen Spielern dafür sorgt, dass erst mal mehrere Versuche nötig sind, um das Layout gänzlich im Blut zu haben. Doch wenn man die gewöhnungsbedürftige Steuerung gemeistert hat, bieten diese Special Stages ein sehr aufregendes und vor allem frisches Spielerlebnis, das bisher in dieser Hinsicht selbst von den Klassikern nicht erreicht wurde. Nichts lässt den Spieler mehr mitfiebern als dem UFO mit Höchstgeschwindigkeit langsam aber sicher näher zu kommen, während der Timer die letzten zehn Sekunden einläutet. Und fast nichts fühlt sich befreiender an, als eine knifflige Stage an der man mehrmals festhing endlich gemeistert zu haben.
Für seine Mühen belohnt wird man mit den unbesiegbaren Superformen der drei Helden, die mit fünfzig Ringen im Besitz in jedem Level und bei jedem Endgegner aktiviert werden kann. Mit Highspeed quasi unaufhaltsam durch die Levels zu pflügen oder einen lästigen Endgegner ohne Probleme zu zerkleinern ist genauso unterhaltsam wie früher – doch ein in meinen Augen unverständlicher Kritikpunkt ist die Tatsache, dass die Superform nach wie vor durch einen Doppelsprung ausgelöst wird, etwas, das sogar Sonic the Hedgehog 4 verbessert hat. Nichts ist lästiger als einen Drop Dash zünden, mit Tails fliegen oder mit Knuckles gleiten zu wollen, nur um plötzlich unerwartet in die Superform zu schlüpfen da man bereits fünfzig Ringe im Gepäck hatte. Gerade in der heutigen Zeit hätte man einen x-beliebigen anderen Knopf verwenden können und handelt es sich bei dieser Entscheidung der Entwickler um ein bedauerliches Beispiel, dass zu viel Nostalgie hinsichtlich der Spielmechaniken nicht nur etwas Gutes bedeuten muss.
Neben den Special Stages gibt es zusätzlich noch die Bonus Stages, in die man reinhüpfen kann, wenn man mit 25 Ringen einen Checkpoint erreicht. Bei diesem Minispiel handelt es sich um die zurückkehrende Blue Spheres-Special Stage aus Sonic 3 & Knuckles – und wer in Sonic Mania viel erreichen will, sollte seine Sammel-Künste schon mal gut üben.
Schafft man es auf dem kleinen Globus alle blauen Bälle einzusammeln, erhält man eine Silbermedaille, gelingt es dem Spieler derweil sogar alle verfügbaren Ringe einzusammeln, gibt es eine strahlende Goldmedaille. Beinahe jede freischaltbare Belohnung in Sonic Mania hängt an diesen (Silber-)Medaillen fest. Wer also zum Beispiel Sonics Peel-Out aus Sonic CD oder sein Instashield aus Sonic 3 & Knuckles für einen Durchgang verwenden will – die seltsamerweise jedoch ausschließlich im No Save-Mode verwendet werden können – muss erst mal ein paar der Blue Spheres-Stages meistern. Auch zusätzliche Modi wie z. B. der Sound Test oder der Debug-Modus, oder eine ganz besonders witzige Art das Hauptspiel zu erleben die ich an dieser Stelle nicht spoilern will, stehen dem Spieler erst ab einer gewissen Anzahl an Silbermedaillen frei.
Der Großteil dieser Stages kehrt aus dem Vorgänger zurück, Blue Spheres-Veteranen sollten sich also problemlos einfinden, doch auch diese finden sicher Gefallen an den neuen Mania-Varianten, die unter anderem mit neuen Mechaniken für frische Herausforderungen sorgen.
Wer jedoch wie ich in diesen Stages leider kein glückliches Händchen beweist, wird eine härtere Zeit haben diverse Features von Sonic Mania genießen zu können, weshalb ich es für eine unangenehme Designentscheidung halte, dass quasi alle freischaltbaren Goodies an diesem Nebenmodus gekettet sind. Ebenfalls reißt einem der Modus meist aus dem Spielfluss des regulären Durchgangs heraus, da eine Runde doch für mehrere Minuten andauern kann – und hat man erst mal alle Medaillen eingesackt, gibt es keinen Grund mehr diese Bonuslevel zu betreten, da diese ansonsten keine Belohnungen, z. B. zusätzliche Leben für den weiteren Durchgang, enthalten.
Grafik, Musik und Story – Super Sonic Dance Attack
Grafisch wollen uns die Entwickler eine ganz bestimmte Frage beantworten: Was wäre, wenn tatsächlich ein weiterer klassischer Sonic-Titel auf dem SEGA Saturn aufgetaucht wäre, wie würde dieses Spiel letztendlich aussehen? Sonic Mania stellt die Antwort dar. Der Retro-Look aus den Mega Drive-Titeln wird – natürlich mit sehr viel grafischen Feinschliff – weitergeführt und die Charaktere und Umgebungen bestehen deshalb größtenteils aus Sprites. Zwischendurch jedoch schleicht sich auch die ein oder andere 3D-Umgebung in den Hintergrund eines Levels bzw. ist man in der Sonic R-inspirierten Special Stage auf einer gänzlichen dreidimensionalen Rennstrecke unterwegs, charmante Polygon-Versionen der drei spielbaren Figuren inklusive. Damit soll der Sprung für Classic Sonic in die nächste Generation imitiert werden, ein grafischer Fortschritt im Vergleich zum letzten Abenteuer dieser Art, Sonic 3 & Knuckles.
Das Spritework in Sonic Mania ist außerordentlich gut gelungen. Die teilweise extrem detaillierten, farbenfrohen und animierten Hintergründe der Zonen lassen jeden Ort, stellenweise sogar jeden einzelnen Act einer gleichen Zone, vollkommen einzigartig erscheinen. Selbst die zurückkehrenden Orte erhielten in den meisten Fällen ein grafisches Update. Viele liebevolle Details und speziell im Fall von Studiopolis die zahlreichen SEGA-Eastereggs laden dazu ein, den Blick auch mal abseits des spielbaren Charakters zu werfen und auf Entdeckungsjagd zu gehen.
Die drei Hauptfiguren als auch Oberfiesling Dr. Eggman bekamen zahlreiche neue Animationen spendiert, womit die Charaktere nun viel lebendiger erscheinen als noch zuvor. So reagieren die Figuren z.B. nun in den kleinen Cutscenes entsprechend der Situation und sorgen, speziell was Robotnik angeht, für einige unterhaltsame Momente zwischendurch. Gameplaytechnisch sticht derweil besonders die Renn-Animation hervor, die nun zwischen zwei Geschwindigkeitsgraden unterscheidet. Doch auch das Design von Eggmans Bossmaschinen sowie seinen Badniks fügt sich nahtlos ein – manche Maschinen zerstört man aufgrund ihres knuffigen Designs fast schon ungerne. Besonders gut gelungen in dieser Hinsicht sind die neuen Hard Boiled Heavies, deren teils sehr unterschiedliche Charakteristiken in ihren jeweiligen Bosskämpfen voll zur Geltung kommen – an ihren Animationen und Kampfarten kann man ohne weitere Informationen ihre doch sehr unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmale ablesen.
Weitere grafische Highlights, die nicht unerwähnt bleiben sollten, stellen die von Tyson Hesse animierten Szenen dar. Sonic Mania erhält wie wir bereits wissen eine liebevoll gezeichnete und voll animierte Einleitungssequenz, doch auch am Ende wartet ein kurzes Abschlussfilmchen auf erfolgreiche Abenteurer. Beide Szenen strotzen nur so vor Liebe zum Detail und sorgen aufgrund ihrer ausdrucksvollen Animationen hinsichtlich der Protagonisten für einige sehr unterhaltsame Momente. Wie schon damals bei Sonic CD, handelt es sich hier auch hier um eine sehr charmante Ergänzung zum Gesamtpaket von Sonic Mania.
Sonic Mania läuft hinsichtlich der Performance in allen Versionen konstant auf 60fps. Während meinem Durchgang auf der Switch konnte ich lediglich sehr spärlich Slowdowns erkennen, und diese waren auch nur ausschließlich auf die Special Stages begrenzt. Von technischer Seite gibt es also keine großen Befürchtungen, Sonic Mania läuft flüssig und ohne signifikante Performance-Hänger.
Kommen wir zur Musik – und hier fällt es mir schwer, noch etwas zu sagen, das ohnehin nicht schon an allen Seiten des Internets wiederholt wurde. Der Soundtrack von Sonic Mania, komponiert von Tee Lopes und gemixt von Falk Au Yeong, ist unbestritten eines der ganz großen Highlights des Spieles. Quasi jedes einzelne Stück des Spieles ist extrem eingängig, passt zum jeweiligen Schauplatz und fängt das flotte Gameplay der Stages perfekt ein. Zurückkehrende Lieder aus bekannten Zonen erhalten speziell im zweiten Act mitunter vollkommen neue musikalische Ansätze, während die vollkommen neuen Stücke aus den Originalzonen sowie den Bosskämpfen sich bereits jetzt in die Ruhmeshalle der besten Sonic-Lieder einreihen können – was bei dieser Reihe, die immer schon für ihre herausragende musikalische Untermalung bekannt war, durchaus eine Leistung darstellt. Es war in meinen Augen eine sehr gute Entscheidung, mit diesem Soundtrack nicht zwingend die Soundfont der Mega Drive-Zeiten imitieren zu wollen, sondern sich stattdessen an den schon damals sehr modern klingenden Kompositionen von Sonic CD zu orientieren. Die Verantwortlichen haben hier für ein ganz besonderes musikalisches Stück an Sonic-Geschichte gesorgt.
Storytechnisch geht Sonic Mania wie von den Klassikern gewohnt in eine etwas simple Richtung: Sonic und Tails fliegen los um einen mysteriöse Energiequelle zu untersuchen – dort angekommen ist ihnen Dr. Eggman jedoch zuvor gekommen, der mithilfe von fünf Eggrobos gerade einen ominösen Edelstein birgt. Besagter Stein warpt die überraschten Helden anschließend in die Green Hill Zone um das Abenteuer zu starten, sorgt bei den fünf Eggrobos jedoch auch für eine seltsame Verwandlung, womit die Hard Boiled Heavies erschaffen sind. Nun gilt es, in einem Rennen durch Raum und Zeit, dem Wissenschaftler und seiner neuen Elite den mächtigen Edelstein wieder abzuluchsen, bevor weitere Bosheiten geschehen.
Erzählt wird die Geschichte von Sonic Mania in Form von kurzen Cutscenes in Ingame-Grafik am Ende gewisser Zonen, nicht unähnlich Sonic 3 & Knuckles. Doch leider, und hier liegt ein weiterer Kritikpunkt des Spieles, fällt diese Erzählung sehr löchrig aus. Nicht alle Zonen erhalten nämlich eine Überleitung um zu erklären, weshalb Sonic und seine Freunde im nachfolgenden Schauplatz auftauchen, wodurch gewisse Zusammenhänge im Laufe des Durchgangs nicht klar ersichtlich sind. Da wir von den vorherigen Klassikern wissen, dass diverse zurückkehrende Zonen auf unterschiedlichen Inseln und sogar auf einem fliegenden Planeten platziert sind, ist es dank fehlender Überleitungen schwer zu erklären, wie die Helden z.B. im Rahmen von zwei nachfolgenden Zonen von einer ganzen Insel zur nächsten hüpfen und umgekehrt. Dies betrifft nicht das ganze Spiel – zwischendurch sind diese Szenen nämlich enthalten um den nötigen Kontext zu geben – doch das Fehlen vieler weiterer nötiger Überleitungen lässt vermuten, dass zumindest ein Teil der Story eventuell dem Zeitdruck der Entwickler zum Opfer gefallen ist.
Fazit
Sonic Mania ist eine Rückkehr zu alter Form für den blauen Flitzeigel, die sich absolut sehen lassen kann. Alle Beteiligten haben hier ein Projekt auf die Beine gestellt, dass sich nicht nur vor den spirituellen Vorgängern nicht verstecken muss, sondern diese an gewissen Stellen sogar übertrumpfen kann. Leveldesign und Gameplay gehören dank großer Stages voller alternativer Wege und den drei individuellen Spielstilen der spielbaren Haupfiguren zum Besten das Classic Sonic zu bieten hat, und anstelle sich schlicht auf alten Ideen auszuruhen, werden in diesen Titel beeindruckend viele neue und kreative Konzepte infusiert, die aus Sonic Mania so viel mehr machen als nur eine beiläufige Ansammlung an vergangenen Stages. Die charmante, auf Retro-Look abgestimmte Grafik, der fantastische Soundtrack und die zahlreichen liebevollen Anspielungen und Eastereggs für langjährige Sonic-Fans tun ihr Übriges, um dieses beeindruckende Gesamtpaket abzurunden.
Kein Videospiel ist jedoch perfekt, und diverse Kritikpunkte sind natürlich legitim. Die ungleiche Aufteilung zwischen zurückkehrender und neuer Zonen ist etwas bedauerliche und ein paar ungemütliche Glitches und die ein oder andere seltsame Designentscheidungen in Hinblick auf die Bonusstages und die Superformen hätten wohl vermieden werden können. Auch können einige manchmal etwas zu ambitioniert gestaltete Bosskämpfe anfangs beim Spieler für etwas Ratlosigkeit sorgen, und wird man dank der unfertig wirkenden Story bezüglich der Ereignisse des Spieles mit ungelösten Fragen zurückgelassen. Letztendlich können jedoch auch diese Probleme keine zu große Delle in das gesamte Spielerlebnis schlagen, da sie vom restlichen so kompetent und professionell aufgebauten Erlebnis mühelos überschattet werden.
Taxman & Stealth, PagodaWest Games, Tee Lopes und alle weiteren an diesem Spiel beteiligten Köpfe, viele unter ihnen selbst langjährige Sonic-Fans, haben mit viel Mühe und noch mehr Herzblut einen regelrechten Liebesbrief an die Sonic the Hedgehog-Franchise verfasst. Für jeden Fan der nur ansatzweise etwas mit den großen Klassikern anfangen kann, aber auch für jene die nach einem perfekten Einstieg in den Spielstil einer Ära suchen, die Sonic überhaupt erst in diese Videospiel-Ikone verwandelt hat, kann ich nichts anderes als eine ganz große Empfehlung für Sonic Mania aussprechen – besonders bei einem so geringen Kaufpreis von gerade mal 20 Euro.
Pro
- Drei individuelle Charaktere mit ihren jeweiligen unterschiedlichen Fähigkeiten
- Neuer Drop-Dash für Sonic eine interessante Mechanik mit viel Speedrun-Potential
- 12 ganze Zonen, ähnliche Länge wie Sonic 3 & Knuckles - sehr gutes Preis/Leistungs-Verhältnis
- Hoher Wiederspielwert, Time Attack und Competition-Modus sorgen für zusätzliche Motivation
- Einige freischaltbare Goodies, wie zusätzliche Fähigkeiten oder Modi
- Leveldesign top, viele alternative Pfade und Geheimnisse zu entdecken
- Alte Zonen wurden vollkommen überarbeitet und mit zahlreichen frischen Ideen ergänzt
- Neue Zonen sind voller kreativer Designs und Gimmicks und fügen sich problemlos ein
- Bosskämpfe meist spektakulär und kreativ in Szene gesetzt
- Special Stage UFO-Wettrennen nach Eingewöhnungszeit sehr spaßig
- Zahlreiche Blue Spheres-Bonuslevel für Begeisterte, auch neue Mania-Versionen
- Charmanter, farbenfroher Retro-Look mit einigen modernen Touches
- Flüssige Performance, 60fps auf allen Versionen, keine gravierenden Slowdowns
- Animiertes Opening und Ending hübsch in Szene gesetzt
- Soundtrack fantastisch und voller Melodien, die im Ohr hängen bleiben
Kontra
- Ungleiche Aufteilung zwischen alter und neuer Zonen, lediglich vier neue Schauplätze
- Glitches noch etwas weitflächig, auch jene die einen Neustart des Levels erzwingen
- Manche Bosskampf-Mechaniken beim ersten Versuch etwas undurchsichtig
- Manchmal leichter Slowdown in Special Stages (Nintendo Switch)
- Superformen durch Sprungknopf auslösbar, ungewünschte Aktivierung vorprogrammiert
- Keine Online-Möglichkeit für Competition-Modus
- Freischaltbare Fähigkeiten ausschließlich nur für No Save-Modus verwendbar
- Freischaltbare Goodies fast ausschließlich an den Blue Spheres-Modus gebunden
- Story fühlt sich unfertig an, viele Zonen-Überleitungen fehlen komplett