Zwei Jahre Wartezeit sind vorüber und der zweite Sonic-Film ist angelaufen. Doch worauf lasst ihr euch im Kino ein? Das könnt ihr in unserem spoilerfreien Review nachlesen!
(In unserem Podcast, dem Gotta Pod Cast!, gibt es noch ein paar mehr Eindrücke, sowohl spoilerfrei, als auch in der zweiten Hälfte mit Spoilern! Hier geht’s zur Podcast-Folge)
Sonic the Hedgehog schlug im Kino und den Herzen der Fans ein wie eine Bombe. Spannend für uns: Wird der 122 Minuten lange zweite Teil, im Japanischen als „Sonic vs. Knuckles“ betitelt, dieser hohen Messlatte gerecht?
Die kurze Antwort ist wenig überraschend: Ja! Warum das so ist, hat viele Gründe. Das Review wird sich auf Inhalte der Trailer beziehen, ist aber ansonsten spoilerfrei.
Wie der japanische Titel verrät, ist ein Kernpunkt des Films der Konflikt zwischen Sonic und Knuckles und das Rennen um den Master Emerald, wie wir es bereits in den Trailern sehen konnten. Das ergibt einen sehr stimmigen Grundplot, der rechts und links mal mehr und mal weniger sinnvoll erweitert wird. Der Fokus liegt durchweg hauptsächlich auf den Spielcharakteren, die Menschen des Films rücken (mit Ausnahme von Dr. Robotnik) mehr in den Hintergrund, als es noch im ersten Teil der Fall war. Das hilft dem Film sehr, sorgt aber gleichermaßen dafür, dass sie eigentlich nicht mehr viel zu tun bekommen, um die Haupthandlung voranzutreiben. Der erste Teil bestand noch zum größten Teil aus dem Roadtrip von Tom und Sonic und dem Erbauen ihrer Freundschaft, im zweiten Teil nimmt Tom Wachowski (gespielt von James Marsden) eher eine Art Mentorenrolle ein, derer er sich selbst aber auch sehr bewusst ist.
Erfreulicherweise erhalten sowohl Maddie (gespielt von Tika Sumpter), als auch ihre Schwester Rachel (gespielt von Natasha Rothwell) im Vergleich zum ersten Teil deutlich mehr Screentime. Diese wird fast immer auch sinnvoll genutzt und sie gliedern sich, abgesehen von den angesprochenen generellen Schwächen der menschlichen Charaktere, relativ gut in die Geschichte ein.
Highlight der Geschichte sind Sonic, Knuckles und Dr. Robotnik (gespielt von Jim Carrey). Sonic zeigt sich weiterhin als hyperaktiver Teenager, der mit Popkultur-Referenzen um sich wirft, was viel Freude beim Schauen bietet. Knuckles ist grandios charakterisiert und der wohl beste Neuzugang des Films. Die sich entwickelnde Dynamik zwischen ihm und Sonic ist wundervoll anzusehen und macht einfach viel Spaß. Seine Charakterisierung nimmt sich verschiedene Eigenschaften seiner diversen Iterationen aus Spielen und Serien und kreiert damit den vermeintlich besten Knuckles bisher: Gutgläubig, gutherzig, naiv, aber gleichermaßen kräftig und ernst.
Tails muss hingegen durchaus etwas einstecken. Es ließ sich durch die verschiedenen Trailer zwar schon erahnen, aber er fühlt sich leider phasenweise so an, als wäre er nur im Film, weil er bereits im ersten Teil vorgestellt wurde. Damit hat er mit wenigen Ausnahmen leider ähnlich viel zu tun, wie Sonics menschliche Helfer. Das wird besonders deutlich, wenn Sonic und Tails sich, etwas gezwungen wirkend, aufteilen oder andere Ausreden gefunden werden, warum der Fuchs nun nicht am Geschehen teilnimmt. All das, damit Platz für Igel und Ameisenigel ist, was sehr viel Spaß macht, aber Sonics „bester Freund“ wird der Rolle dadurch leider nicht immer gerecht. Schon gar nicht in einem Film, der versucht, diese Freundschaft aufzubauen und dabei leider keine gute Figur macht, da der Rest des Casts natürlich auch viel Aufmerksamkeit benötigt, um nicht unterzugehen.
In den angesprochenen wenigen Ausnahmen davon punktet der Fuchs hingegen außerordentlich und strahlt als bescheidenes Genie, helfende Hand und Retter in der Not. Dies gelingt ihm nicht nur auf der Leinwand, sondern auch wenn er gar nicht am Geschehen beteiligt ist. Fans werden den Auftritt des Fuchses in jedem Fall lieben, obwohl leider etwas sehr viel Luft nach oben ist.
Dr. Robotnik trägt den Film erneut zum größten Teil. Jim Carrey übertreibt es im zweiten Teil mit dem Overacting manchmal etwas zu sehr, trotzdem macht der Doc eine grandiose Figur und wird zu einem wirklich gefährlichen Widersacher für Sonic. Agent Stone als sein persönlicher Sidekick hat leider ein ähnliches Problem wie Tails für Sonic, mit der Ausnahme, dass wir ihn bereits aus dem ersten Film kennen. In einigen Szenen wird er etwas auf Kraft hineingeworfen, wodurch die Dynamik zwischen ihm und seinem Idol etwas leidet, da dafür die Zeit fehlt. Dieses Problem hatte der erste Teil bereits.
Besonders toll am Eierkopf ist zu sehen, wie er langsam aber sicher wirklich zu dem verrückten und größenwahnsinnigen Charakter wird, den wir aus den Spielen kennen und lieben. Ansätze davon gab es bereits im ersten Abenteuer des blauen Igels, in Teil 2 werden diese Eigenschaften (und deren Aufbau) aber noch mehr wundervoll zur Schau gestellt.
Der Plot um die Jagd nach dem Master Emerald funktioniert und enthält so einiges an Fanservice. Mit bekannten Details aus den Spieluniversen kann hier gut gepunktet werden. Das trifft sowohl auf den Plot, als auch auf einige Umgebungen des Films zu. Hier und da stellte sich die Frage, warum diverse Szenen jetzt im Film sein müssen, da sie weder die Story vorantreiben, noch sonst unheimlich spannend sind, bei einer Gesamtlaufzeit von 2h war damit allerdings zu rechnen und trübt das Gesamtbild nur ein wenig, da besonders in Sachen Action für Fans einiges geboten wird. Dennoch festigt sich auch nach längerem „Sacken lassen“ des Films der Eindruck, dass es den einen oder anderen Subplot im Film nicht zwingend gebraucht hätte, während im Hauptplot mehrfach im Film große Fragezeichen über dem Kopf standen, wie und warum eine bestimmte Sache nun gerade überhaupt so passiert bzw. JETZT erst passiert, da jegliche Erklärung fehlt.
Wir konnten den Film in der deutschen Synchronfassung sehen und diese verdient erneut Applaus. Julien Bam geht in der Rolle nach kleineren Ausrutschern im ersten Film nun vollkommen auf und verleiht dem blauen Igel eine eigene, aber unfassbar passende Note. Nahezu jede Line sitzt perfekt und passt wirklich gut zum Igel. Hier scheint das Vorbild aber nicht nur bei Ben Schwartz (englischer Filmsprecher von Sonic) zu liegen, sondern auch bei Roger Craig Smith, der dem Igel in den Videospielen und Serien die Stimme leiht.
Tails wird von der bereits aus den Videospielen bekannten Paulina Weiner gesprochen, die ebenfalls einen außerordentlich guten Job abliefert, der ihre Leistung in den Spielen sogar noch übertrifft.
Knuckles, gesprochen von Oliver Stritzel, war eine große Überraschung. Wirkt die Stimme anfangs noch etwas unüblich tief, kann dieser Gedanke sich nicht lange halten und spätestens zum Ende des Films ist kaum noch eine andere Stimme für den Ameisenigel vorstellbar. An dieser Stelle sei der deutschen Aussprache von „Echidna“, wie sie im Trailer bereits zu hören war, etwas der Wind aus den Segeln genommen: Tatsächlich handelt es sich um ein deutsches Wort und wird so wie im Film korrekt ausgesprochen. Mich überraschte diese Erkenntnis auch, aber man lernt nie aus.
Leider hat der Film einige (wenige) Probleme mit den Charaktermodellen, hier kommt es an diversen Stellen im Film zu einem gut erkennbaren Bildrauschen in den CGI-Modellen von Sonic, Tails und Knuckles und etwas häufiger wurden Hintergrund und Modell nicht ganz aufeinander abgestimmt, sodass Dinge etwas wie am falschen Platz wirken. Zudem gibt es einen Moment in Richtung Ende des Films, bei dem ein Charakter einige zum Charaktermodell sehr falsch wirkende Bewegungen ausführt. Was damit gemeint ist werdet ihr vermutlich im Kino merken, sobald ihr es auf der Leinwand sehen könnt. Abseits dieser Probleme sehen die Charaktere allerdings wundervoll aus und es wurde ganze Arbeit in das Design gelegt.
Der Humor ist gleichzeitig eine große Stärke, aber auch eine große Schwäche des Films. Einige Referenzen auf „kritisierte“ Momente von Sonic the Hedgehog aus 2020 und auf die Popkultur zünden (mit einer Ausnahme) sehr gut und auch sonst weiß der Film an den richtigen Stellen zu unterhalten und mir, einem sehr stillen und ruhigen Kinogänger, ein Kichern zu entlocken. Die Schwächen finden sich besonders in der erste Filmhälfte, in der mit Slapstick und billigem (teilweise „Pipikaka“-) Humor übertrieben wurde. Dies ist aber nur in Teilen als echter Kritikpunkt zu sehen, betrachtet man die Zielgruppe: Kinder. Die wenigen Kinder im Saal der Pressevorführung hatten hörbar ihren Spaß daran, während die erwachsenere Zuschauerschaft teilweise mit der Hand vorm Kopf im Sitz saß. Die Kurve bekommt der Film in Sachen Humor in der zweiten Hälfte noch und auch für Erwachsene ist dann auch mal ein wirklich guter Witz dabei.
Zum Soundtrack gibt es nicht viele Worte zu verlieren. Zum Geschehen passend war er durchaus, würde ich jetzt hingegen nach einem speziellen Stück gefragt werden, könnte ich absolut keines in mein Gedächtnis rufen. Dieses Problem hatte bereits Sonic 1 und ist in einem Kinder-/Actionfilm auch nicht schlimm, die Hoffnung auf ein paar klassischere Sonic-Stücke war dennoch groß. Besonders wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, dass „Friends“ von Hyper Potions im ersten Teil zu hören war. In Sonic the Hedgehog 2 muss neben einem Green Hill Zone Klingelton, den wir bereits in Trailern zu hören bekamen, nicht mit viel gerechnet werden. Abseits des orchestralen Soundtracks gibt es aber ein paar gute Tracks zu hören, das schaffte auch schon der erste Teil zum Beispiel mit „Don’t Stop Me Now“ von Queens, ähnliches darf in diesem Film erwartet werden.
FAZIT
Sonic the Hedgehog 2 überzeugt, wenn auch nicht auf ganzer Linie. Der Plot sitzt, die Charaktere wackeln teilweise und der Humor hat Luft (nach oben) – Das tut dem Gesamtpaket aber keinen Abbruch! Besonders die Dynamik zwischen Sonic und Knuckles ist wundervoll anzusehen, dafür muss Tails hingegen oft ein wenig zur Seite gedrängt werden, ebenso wie die menschlichen Charaktere, auf denen kein großer Fokus mehr liegt. Referenzen zum Franchise gibt es an jeder Ecke, zu viele, um sie in einem Durchlauf zu entdecken. Neben unnötigen Subplots ist die Haupthandlung meist packend, aber etwas vorhersehbar. Die deutschen Synchronstimmen sind allesamt toll, ebenso wie die Leistung der Schauspielenden. Abstriche gibt es wie schon im ersten Film beim Soundtrack und diesmal leider auch stellenweise bei den Effekten. Für Fans ist Sonic the Hedgehog 2 ein Fest aus Anspielungen mit einem größeren Blick in die Sonic-Welt, bei dem die menschlichen Charaktere beinahe Fehl am Platz wirken, aber trotzdem noch ihre Portion der Screentime abbekommen. Ich kann den Film für Sonic-Fans und Kinder uneingeschränkt empfehlen, doch auch andere Kinobesuchende sollten auf ihre Kosten kommen. Wer den ersten Teil mochte, wird auch dieses Abenteuer lieben!
Anders als Sonic solltet ihr es nach dem Film allerdings ganz ruhig angehen und vielleicht noch etwas sitzen bleiben, denn die Credits sind wirklich _sehr_ schön. Also wirklich. Ganz toll!
Auch Fasti war bei der Pressevorführung des Films dabei und hat noch ein paar seiner eigenen Eindrücke in Kurzform für euch parat – Mehr gibt es im aktuellen Podcast, Episode 125!
Fazit von Fasti
Sonic the Hedgehog 2 ist wahrscheinlich genau das, was sich viele Fans schon vom ersten Film gewünscht hätten: Ein actiongeladenes Abenteuer in dem drei ikonische, bunte Charaktere die Hauptrollen übernehmen, während ein glatzköpfiger, schnauzbärtiger Doktor versucht, ihnen den Tag zu verderben. Wer im ersten Teil noch die „Sonicness“ vermisst hat, der wird überrascht sein, wie detailverliebt so manche bekannte Aspekte auf die Leinwand gebracht werden. Wir bekommen einen Hybriden aus dem bisher etablierten Film-Universum und den Welten, die wir aus den Spielen kennen – und das funktioniert erstaunlich gut. Die menschlichen Figuren sind nach wie vor sympathisch und tragen in Teilen zur Geschichte bei, ziehen in manchen Szenen etwas zu viel Aufmerksamkeit auf sich, wurden aber insgesamt deutlich reduziert und machen unserem Trio die Bühne (größtenteils) frei.
Abgesehen von nicht immer landenden Sprüchen, einem leider sehr unauffälligen Soundtrack (meine größte Enttäuschung) und technischen Patzern, die bei einer solchen Produktion einfach nicht passieren dürfen, fühlt man sich doch sehr gut unterhalten und kommt einen Großteil der Laufzeit aus dem Grinsen nicht mehr raus. Hier und da hätte man jedoch manche Szenen etwas straffen können, um anderen Momenten mehr Zeit zu geben: Der Film bietet wahnsinnig viel Inhalt, sodass manche Charaktere und Plotpoints etwas zu kurz kommen und man sich am Ende mehr hiervon, weniger davon gewünscht hätte. Aber der dritte Teil ist ja bereits angekündigt – und da es nun wirklich das „Sonic Cinematic Universe“ bestehend aus Filmen und Serien geben wird, bekommen wir bestimmt noch eine ganze Menge mehr von unseren Lieblingsfiguren zu sehen. Plus: Der Film lädt zu mehreren Sichtungen ein, denn es verstecken sich wieder unzählige Easter-Eggs für Fans und jene, die es werden wollen.
Kurzgefasst: Wer bereits den ersten Film mochte, wird definitiv seinen Spaß mit dem zweiten Teil haben. Und wer größere Erwartungen an den ersten Film hatte, bekommt diese jetzt erfüllt. Sonic the Hedgehog 2 macht gute Laune und wird vor allem bei Fans gut bis sehr gut ankommen – denn für genau die wurde der Film gemacht.
Das Team von SpinDash wünscht allen Leser:innen viel Freude im Kino, wenn es am 31. März 2022 zum neuesten Abenteuer des blauen Igels in Sonic the Hedgehog 2 losgeht!