Die GamesCom 2015 ist zu Ende, und das erste Mal ohne ein neues Sonic-Spiel.
Bis zuletzt hatte ich ja gehofft, dass „Sonic Boom: Fire & Ice“ für das 3ds anspielbar sein würde und hatte nur deswegen vorab mit Nintendo einen Termin vereinbart. Bei nochmaliger Nachfrage zwei Tage vor GamesCom-Start teilte man mir jedoch mit, das Spiel würde leider doch nicht gezeigt werden. Da die deutsche SEGA-Niederlassung ohnehin schon im Juni 2012 geschlossen wurde und bei uns noch nicht mal die zugehörige CGI-Serie angelaufen ist, hält man Fans hierzulande anscheinend für nicht wichtig genug.
Leider muss ich gestehen, dass ich die GamesCom auch ganz allgemein immer weniger attraktiv finde. Selbst am Fachbesucher-Tag wälzen sich zu viele Leute durch die Hallen, zu laut dröhnt die Musik, zu sehr flackert und blinkt alles sowohl auf den Bildschirmen wie an den Ständen, und zu sehr liegt der Schwerpunkt nur noch auf Baller-Spielen, Racing oder FIFA-irgendein-Jahr Fußball.
Was mich persönlich gerade an Sonic von Anfang an so fasziniert hat war die Tatsache, dass er Feinde mit seinen natürlichen Fähigkeiten wie dem ‚SpinDash‘ besiegte statt mit Schusswaffen, und dabei auch noch ‚cool‘ rüberkam. Das geschickte Level-Design, das sowohl Geschwindigkeit als auch die Möglichkeit des Erforschens bot sowie der versteckte Konflikt ‚Natur‘ gegen ‚Technik und Umweltverschmutzung‘ rundete das Ganze ab. Diese Art von gleichermaßen simplen wie originellen Spiele-Konzepten mit sympathischen Charakteren als Protagonisten vermisse ich zunehmend.
Aber ich schweife ab.
Natürlich gab es trotzdem auch in diesem Jahr einige interessante Dinge zu sehen, über die ich für euch hier etwas schreiben möchte.
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Da Virtual Reality mit 3d-Brillen immer populärer wird, waren Anbieter dieser Hardware mein erstes Ziel. Wegen meiner extremen Kurzsichtigkeit interessierte mich vor allem, ob auch ich die verfügbaren Brillen nutzen können würde.
Samsung zeigte das Gear VR, eine Brille, in die ein Galaxy Note 4 Smartphone eingelegt wird, das dann als Bildschirm dient. Zur Steuerung der Menüs ist rechts zusätzlich ein Touchpad sowie eine Zurück- und Lautstärke-Taste integriert, die Kommunikation mit dem Smartphone erfolgt über microUSB. Der Preis beträgt aktuell 199 Euro. Während die Brille selbst von Samsung konzipiert wurde, stammt die zugehörige Software von Oculus.
Die Gear VR erlaubt einen Betrachtungswinkel von 96 Grad, und die Linsen-Schärfe kann laut Samsung bis +/- 3,5 Dioptrin eingestellt werden, was bei höchster Einstellung sogar für mich ausreichend war. Die gezeigte virtuelle Welt (hier ein Themenpark) wurde absolut flüssig dargestellt und folgte exakt und ruckelfrei allen meinen Bewegungen. Als Linkshänder hätte ich das Touchpad zwar lieber auf der anderen Seite gehabt, aber dass Hersteller an so etwas nicht unbedingt denken bin ich schon gewohnt.
Der Hersteller Zeiss Deutschland hatte mit der VR One eine Brille im Rennen, die ebenfalls auf Smartphones als Bildschirm setzt, welche mittels Tray seitlich in die Brille eingeschoben werden. Aktuell sind Trays für das iPhone 6 sowie das Galaxy S5 und S6 verfügbar, weitere sollen folgen. Entsprechende VR Spiele-Apps sollen ebenfalls bereits im App-Store erhältlich sein, wie z.B. „Moorente“, „Sheriff School“ oder „Battle 360 VR“.
Das zum Testen verfügbare Spiel „Iron Archeologist“ (ein Unterwasser-Abenteuer im U-Boot) lief allerdings nicht so flüssig wie erhofft, und auch die Brille selbst reagierte auf Bewegungen nicht ganz so genau wie das Modell von Samsung, was selbstverständlich auch am Spiel oder dem eingelegten Smartphone gelegen haben könnte. Dafür kostet die Brille auch nur 129 Euro.
Die von Microsoft angekündigte VR-Brille war trotz Ankündigung diesmal noch nicht verfügbar, und die Oculus-eigene Brille hatte ich schon letztes Jahr ausprobiert.
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Von den diversen Spiele-Herstellern kommt Nintendo mit seinem Line-Up immer noch meinem Geschmack am nächsten. „Splatoon“ für die Wii-U beispielsweise ist endlich wieder mal ein echt innovatives Spiele-Konzept. Man kämpft als ‚Inkling‘ gegen ‚Oktarianer‘ und verschießt dabei massenhaft Farbe, wobei im Nu das ganze Level eingesaut ist. Per Knopfdruck kann man sich außerdem zeitweise in einen Tintenfisch verwandeln, der dann überall in der verschossenen Farbe hinschwimmen und so Hindernisse überwinden kann. Hier ist dann auch Strategie gefragt, denn nur durch geschickte Platzierung von Farbe kann man bestimmte Areale und höhere Ebenen erreichen. Im Online-Modus können zwei Gruppen von je vier Spieler gegeneinander antreten, wobei es darum geht, mehr Farbe zu verteilen als der Gegner, was schon allein beim Zusehen tierischen Spaß macht.
Ein weiteres sehr gutes Spiel war „Mighty No. 9“, anspielbar auf der Wii-U, das als klassischer Side-Scroller mit dem üblichen Springen, Rennen und Ballern konzipiert wurde, aber mit optischen Finessen und Extras ein zeitgemäßes Spiele-Vergnügen vermittelt. Insbesondere da es wohl keine neuen „Mega Man“-Spiele mehr geben wird. Als Roboter „Beck“ muss man sich durch mehrere Hi-Tech Level kämpfen und als Endgegner jeweils einen seiner Vorgänger-Modelle besiegen, die alle von einem Computer-Virus übernommen wurden. Dieses Spiel stammt übrigens nicht von Nintendo selbst, sondern von den Indie-Entwicklern Comcept und Inti Creates und wird daher auch für PC und andere aktuelle Konsolen erhältlich sein.
Großer Beliebtheit unter den Mario-Fans erfreute sich auch der „Super Mario Maker“, ein Level-Editor, mit dem man auf einfache Weise eigene Mario-Level erstellen kann, die dann von anderen online gespielt werden können. So ein Level-Editor hätte mir für die alten Sonic-Spiele auf dem Mega Drive gefallen…
Auch ein erwähnenswertes Spiel ist „Chibi Robo: Zip Lash“ für das 3ds, mit einem kleinen Roboter, den viele schon aus den Vorgänger-Spielen auf dem DS kennen. Neu ist diesmal, dass er ein mitgeführtes Stromkabel samt Stecker wie eine Peitsche schleudern kann, um Gegner zu besiegen oder um damit über Hindernisse zu klettern. Auch die Kombination mit einer zum Spiel erscheinenden Amiibo-Figur soll möglich sein. Obwohl als 2d Side-Scroller konzipiert, bietet der Hintergrund optisch auch räumliche Tiefe mittels der 3d-Tiefenregler am Handheld.
„Zelda: Tri-Force Heroes“ für das 3ds ähnelt den „Four Swords“ Spielen mit Schwerpunkt auf dem Multiplayer-Modus (sowohl online wie über Wi-Fi) mit einem grünen, einem roten und einem blauen Link. Hierfür waren am Nintendo-Stand extra speziell verlinkte Konsolen aufgebaut, an denen immer jeweils drei Personen das Spiel antesten konnten. Die drei Links müssen miteinander interagieren, indem sie beispielsweise aufeinander klettern um höher gelegene Orte zu erreichen und gemeinsam Rätsel lösen. Außerdem gibt es einen Kampf-Modus, in dem zwei Spieler gegeneinander antreten können.
Zu allen Spielen wird es auch Amiibo-Figuren geben. Hier konnte man dann auch Sonic entdecken, als unbedeutenden Charakter unter vielen (zweite Reihe, sechster von links).
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Warner Bros. Interactive stellte mit „LEGO Dimensions“ ebenfalls ein interessantes Spiel vor, und ließ dafür sogar die kostümierten Helden des „LEGO Movie“ antreten. Die Handlung basiert auf verschiedenen LEGO-Welten, zwischen denen die Charaktere wie schon im Film reisen können und das LEGO-Universum verteidigen.
Der Starter-Pack enthält das Spiel, das LEGO Toy Pad und die Basis-Figuren. Mit entsprechenden Zusatz-Packs, die jeweils ein neues Abenteuer sowie die dazugehörigen Charaktere, Gadgets und Fahrzeuge enthalten, kann das Universum dann erweitert werden. Figuren und Fahrzeuge sind beliebig untereinander mischbar, je nach dem, was man davon alles auf das LEGO Toy Pad stellt (vergleichbar mit dem Skylanders / Amiibo Konzept). Das Spiel erscheint für die Playstation 4, Playstation 3, Xbox One, Xbox360 und die Wii-U.
Ein Spiel, das für mich die Wartezeit beim Anstehen als einziges uneingeschränkt wert war, ist „Unravel“ von Electronic Arts. Obwohl es sich erneut um einen 2d Side-Scroller handelt, sind die dreidimensionalen Hintergründe extrem schön und ansprechend gestaltet und animiert, was sie überaus realistisch macht (laut den Untertiteln im Messe-Video basierend auf Landschaften in Schweden). Man steuert eine Figur namens Yarni, die ganz aus rotem Garn besteht, das sich beim Laufen langsam abwickelt. Wurde zu viel Garn abgewickelt, kann man nicht mehr weitergehen und muss einen anderen Weg suchen. Es ist jedoch möglich, das vorhandene Garn durch zusätzliche herumliegende Garnknäuel zu ergänzen. Auf seinem Weg muss Yarni immer wieder neue Hindernisse bewältigen, indem er sein Garn wie ein Lasso schleudert und dann daran hochklettert, einen gespannten Garn-Faden als Trampolin benutzt, Objekte bewegt und noch vieles mehr. Er kann auch das bereits abgewickelte Garn greifen und daran zurückklettern, wenn er einmal irgendwo hinuntergefallen oder falsch gesprungen ist.
Ein Großteil der Rätsel in „Unravel“ basiert auf Physik und logischem Kombinieren, was schnell zu einer echten Herausforderung wird. Dieses neue Spielkonzept kombiniert mit ansprechender Grafik und sanfter stimmungsvoller Musik macht dieses Spiel zu einem echten Geheimtipp der Messe.
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Der Stand von Panini Comics in Halle 5.1 war mir ebenfalls einen Besuch wert, da dieser Verlag ja Herausgeber der deutschen Sonic-Comicserie war, die letztes Jahr mit Ausgabe #9 überraschend eingestellt wurde. Die deutschen Sonic-Comics waren Übersetzungen der amerikanischen Serie von Archie Publications, die dort seit etwa 1994 fortlaufend erscheint und zusammen mit mehreren Spin-Offs inzwischen ein komplexes Universum mit zahllosen Handlungs-Strängen und Charakteren bildet. Eine solche Story, die sich über so viele Jahre entwickelt hat, kann man nun mal nicht einfach mittendrin aufgreifen und dann erwarten, dass die Leser der Handlung einfach so folgen können und nicht nach kurzer Zeit merken, dass über 15 Jahre an Vorgeschichte fehlen.
Achim Günzel (Achim.Guenzel@panini.de), der Marketing-Leiter für Comicserien dieser Zielgruppe teilte mir mit, dass von der letzten erschienenen Ausgabe nur ca. 1000 Stück verkauft wurden, was eindeutig zu wenig für ein Weiterführen war. Allerdings wurden bezüglich der im letzten Jahr gestarteten Comic-Serie „Sonic Boom“ schon wieder Gespräche mit Archie Publications geführt. Man will jedoch auf jeden Fall zuerst den Start der zugehörigen CGI-Serie in Deutschland abwarten, wobei die Zuschauer-Zahlen dann wohl den Ausschlag geben werden. Der Sender SuperRTL ist derzeit der bestgehandelte Kandidat, da KiKa eher Produktionen aus Europa zeigt und Pay-TV nicht genug Zuschauer erreicht.
Die traurige Wahrheit ist, dass Sonic als Markenname ALLEIN in Deutschland leider nicht tragfähig ist, also nicht genügend Leser generiert. Ich bin der Meinung, dass dies auch ein Verschulden von SEGA ist, die es hier über viele Jahre hinweg schmählich versäumt haben, ein entsprechendes Publikum aufzubauen und zu fördern. Sogar Minecraft-Bücher und Skylanders-Manga verkaufen sich bei Panini da besser…
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Wie jedes Jahr war auch Retro Gaming wieder auf der Messe vertreten, mit Spielhallen-Automaten, Computern und Konsolen von Anno Dazumal. Natürlich kann man das Meiste davon mit Hilfe von Emulatoren inzwischen auch problemlos auf jedem PC spielen, aber es an einem Original-Gerät zu tun ist nach wie vor etwas ganz Besonderes und weckt in vielen der älteren Gamer ein echtes Nostalgie-Feeling. Hier war auch Sonic noch populär, in seinen zeitlosen Klassikern für das Mega Drive und Master System.
Alt bedeutet zum Glück nicht veraltet, und so konnte man auch hier einige nette Innovationen finden wie beispielsweise die Pandora Handheld-Konsole, die von Design und Größe einem Nintendo DS ähnelt, aber eigentlich ein vollwertiger Linux Mini-PC mit Tastatur und 5 Zoll TouchScreen ist, geeignet für Retro-Spiele (per Emulation), Android, Surfen im Internet und vieles mehr.
Auch der klassische Pacman erfuhr eine Renaissance in Form des Brettspiels Whacky Wit. Die Preise gehen von 19,95 Euro für die ausrollbare Spiele-Matte über 149,95 Euro für das Mini-Board bis zu stolzen 479 Euro für die Maxi-Edition für Sammler mit hölzernem Riesen-Spielbrett und handbemalten Figuren.
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Und was wird nächstes Jahr, zu Sonic’s 25. Geburtstag? Ich hoffe sehr, dass sich SEGA besinnt und sich wieder etwas mehr um deutsches Marketing kümmert… warten wir’s mal ab.
Zum Abschluss habe ich hier noch ein paar zusätzliche Schnappschüsse von der GamesCom:
3 Kommentare Der Diskussion beitreten-
Smashy
vor 9 Jahre |
He? In welcher Halle waren diesmal die Retro-Stände versteckt? Ich hab gedacht sie gibts nicht mehr weil da weniger Menschen gehen.
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Yellow
vor 9 Jahre |
Retro Gaming war in Halle 10.2 ...
Wieso sollen da keine Leute mehr hingehen? Retro-Konsolen sind doch Kult & nach wie vor interessant, ich hab sogar ein neues Spiel für's Dreamcast gesehen (Alice's Mom's Rescue - www.hucast.com) ...
Retro-Gaming Stand: http://www.gamescom.de/gamescom/ausstellersuche/suche/index.php?fw_goto=aussteller/details&kid=0040173416
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Smashy
vor 9 Jahre |
Im gedruckten Prospekt steht dieser Austeller nicht bei. Schade für mich, danke für die Info!